Die gestrige Sendung war sehenswert. (Hier in der Mediathek.)
Mehr als ein Jahr nachdem immer mehr Dokumente die Unschuld Mollaths beweisen, hat mit der ARD erstmals ein Mainstreammedium von bundesdeutscher Reichweite zu halbwegs passabler Sendezeit (Natürlich ging “hart aber fair” vor mit seinem spannenden “Schlagabtausch” zum aktuellen Wetter!) ausführlich und tatsachengetreu berichtet. Allein dies feststellen, heißt bereits einen bundesdeutschen Medienskandal feststellen. Dieser Skandal wurde mit dem Beitrag von Monika Anthes und Eric Beres hoffentlich beendet, vielleicht auch nur unterbrochen.
Die Fernsehdokumentation stellte in aller Deutlichkeit das Unrecht dar, das Gustl Mollath unter Mißachtung elementarer Menschenrechte und rechtsstaatlicher Verfahrensweisen zugefügt wurde und wird und rückte schonungslos einige (wenige) TäterInnen ins Rampenlicht. Das ist ein Verdienst. Wie die fast einhelligen Reaktionen des Publikums zeigen, ist es dankbar für die Aufklärung.
Für Menschen, die einigermaßen systematisch die vor allem im Internet verfügbaren Informationen über den Mollathskandal genutzt haben und nutzen, brachte die Dokumentation kaum Neues. Äußerst interessant ist dagegen, welche (gleichfalls jederzeit verfügbaren!) Informationen aus der Fernsehdokumentation ausgespart wurden. Ich erlaube mir eine kurze, durchaus unvollständige, Aufzählung:
– Die Verantwortlichen der Banken, obwohl viele aus diversen Schreiben namentlich bekannt, wurden nicht genannt. Ich nenne nur Dieter Rampl, direkt mit Hoeneß bzw. dessen Fußballverein verbandelt.
– Es fiel kein Name der durchaus öffentlich bekannten Schwarzgeldschieber bzw. der zumindest von Gustl Mollath mit Schwarzgeld in Verbindung Gebrachten. Ich erinnere nur an Diehl, Nürnberg. Weitere Namen sind heute kein Geheimnis mehr.
– Die bankoffiziell (Revisionsbericht) eingestandene Spur mitzuteilen zu einer “Person von öffentlicher Bedeutung”, wurde vermieden.
– Die Befassung von Politgrößen mit dem “Fall Mollath” (dokumentiert z. B. mit den Briefen Mollaths an Beckstein und Stoiber) wurde nicht nur nicht hinterfragt, sondern glatt negiert.
– Die verderbliche Rolle von Staatsanwälten bei der Kriminalisierung Mollaths (Nerlich, Hubmann, weitere?), Staatsanwälte, die bekanntlich auf politische Weisung handeln oder nicht handeln, wurde völlig ausgeblendet.
– Daß neben Richter Brixner einen ganze Richterriege (Huber, Eberl, Schwarz) vermutlich rechtsbeugend tätig war, wurde völlig ausgeblendet.
– Diverse Skandale im Skandal – die Wehrlosmachung Mollaths durch Festhalten in Straubing, die Beraubung seines persönlichen Eigentums, die Waffensuchaktion (Rolle der Polizei)- blieben unerwähnt.
– Die Rolle der hochkompetenten Psychiater von bundesdeutscher Relevanz Kröber und Pfäfflin wurde völlig ausgeblendet.
Diese Liste der Fehlstellen läßt sich fortsetzen. Ich höre den Einwand: Um all dem gerecht zu werden, hätten die Autoren eine mindestens zweistündige Doku machen müssen. Der Einwand scheint mir zu einem Teil berechtigt. Diese eine Dokumentation konnte wirklich nicht ALLES gutmachen, was die Medien/Blödmaschinen seit Jahr und Tag an Wahrheitsunterdrückung leisten. Aber nur zum Teil ist der Einwand berechtigt. Im Film hat man viel Aufwand betrieben, Frau Maske, Herrn Brixner, Herrn Dr. Leipziger “auf die Pelle” zu rücken. Streckenweise fühlte sich der Zuschauer quasi einbezogen in eine Art Jagd auf diese “üblen TäterInnen”. Wie toll nah waren wir dran an einigen Frontfiguren in diesem bösen Spiel! Im Schach nennt man solche Figuren (wohl mit Ausnahme von Frau Merk) “Bauern”. Und was mit ihnen passiert, nennt man “Bauernopfer”. Dieser Taktik der wahren Staatskriminellen in Bayern und über Bayern hinaus haben Anthes und Beres leider nichts entgegengesetzt.